Der innere Schweinehund und das Workout

Aus unerfindlichen Gründen nehmen scheinbar harmlose Gespräche gelegentlich einen unerwarteten Verlauf und landen bei einem – zumindest für mich – heiklen Thema und der Frage: „Was für einen Sport treiben Sie denn…?“

Erst neulich stand ich bei einer Party neben einer sehr schlanken Dame, etwa mein Alter, stylisch gekleidet, im ärmelfreien Top. An ihren Oberarmen kein Gramm Fett, keine welke Winke-Haut, alles straff und muskulös – dank Pilates, wie sich herausstellte. Denn irgendwann war unser Gespräch aus heiterem Himmel – genau! – bei der Frage nach dem Sport gelandet. Bei anderen kommt dann wie aus der Pistole geschossen: Ich spiele Tennis, habe jetzt mein Golf-Handicap auf 7 verbessert, gehe dreimal die Woche ins Fitness-Studio, trainiere für den nächsten Marathon…

Mein heimlicher Lieblingssport

Mich hat diese Frage bis vor kurzem immer ein bisschen verlegen gemacht, denn ich bewege mich eigentlich nur, wenn es unbedingt sein muss und liege für mein Leben gern auf dem Sofa – und lese, telefoniere, surfe (natürlich nur im Internet) oder bestaune das Fernsehprogramm. Auch eine Art von Sport, finde ich, denn es entspannt und lockert die Muskulatur. Und ich trainiere sehr gewissenhaft – täglich, oft stundenlang. „Extremcouchen“ haben meine Kinder das mal genannt.

Hexenschüsse und anderes Elend

Seit sich vom häufigen Trainieren auf der Couch allerdings die Hexenschüsse häufen und mir auch der Orthopäde streng ins Gewissen geredet hat, habe ich mich entschlossen, es auch mal mit anderer sportlicher Betätigung zu probieren. Inzwischen habe ich mit Muskelpartien Bekanntschaft gemacht, von deren Existenz ich zuvor keine Ahnung hatte. Statt Hexenschuss quält mich jetzt Muskelkater. Dafür kann ich inzwischen mitreden, wenn andere sich in mir bisher unbekanntem Fitness-Sprech unterhalten.

„Crunches“ und „Quads“

Mit meiner Freundin Fritzi gehe ich regelmäßig freitags zum „Workout“. Wir wechseln zwischen „Toning“ und „Cardio“, machen „Quads“ und „Crunches“ und verausgaben uns beim „Rope Skipping“ und „Power-Cycling“… Man muss das alles nicht verstehen, es genügt, wenn man weiß, dass es extrem weh tut, an fiesen Stellen brennt und jedes Mal wieder Überwindung kostet. Und deshalb ist der schönste Moment, wenn die anderthalb Stunden endlich rum sind. Dann versuchen Fritzi und ich uns gegenseitig davon zu überzeugen, wie gut das wieder mal getan hat, wieviel besser wir uns jetzt fühlen und dass wir uns schon aufs nächste Mal freuen.

Die inneren Schweinehunde

Selma
Lotti
Horst
Fridolin

Alles gelogen! Denn Freitag ist bei mir das Stimmungsbarometer unter null und alle inneren Schweinehunde versammeln sich schon vor dem Frühstück zur wöchentlichen Großdemo: „Bleib zuhause“, skandieren sie. „Mach’s Dir lieber auf dem Sofa bequem! Warum willst Du Dich so quälen?“ Aber ich weiß, Fritzi wartet auf mich und wenn sie beim „Quad-Stretch“ mit hochrotem Kopf die Zähne aufeinander beißt, dann fühle ich mich nur halb so elend.

Heute ist Freitag. Schon seit dem Aufstehen freue ich mich auf den Augenblick, wenn ich nach der Fitness-Folter erschöpft nach Hause komme, heiß dusche, mich dann mit einem Riesen-Plumps aufs Sofa fallen lasse und eine Runde „couche“!

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